Gut für die Liebe
«Das Paar, das zusammen spielt, bleibt zusammen», sagt man. Oder auch nicht, weiss Ihr Kolumnist. Die Lösung: Wordle, das Online-Buchstabengame für eine Person.
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Ich mag Scrabble. Der Haken daran: Es braucht Mitspieler, die sich einem gegenüber ans Brett setzen, um Wörter aus zufällig gezogenen Buchstaben zu legen. In der Vergangenheit war eine Mitspielerin, ach was: Gegnerin, meine Frau. Was gelegentlich zu Ehekrach führte. Ich erinnere mich an einen, nachdem ich ihr «Yams» ablehnte («Yamswurzel» wäre o.k. gewesen, sagte ich. Was aber, ehrlich, mehr Retourkutsche dafür war, dass sie meine «Alpziege» nicht gutgeheissen hatte). Wir versuchten es dann mit Tennis. Was ebenfalls zu Streit führte. Später liessen wir uns scheiden, nebenbei erwähnt.
Meine heutige Frau mag Buchstabenspiele nicht besonders. Das ist der Harmonie zuträglich, schliesslich meine ich, der Homme de Lettres in unserer Beziehung zu sein. Aber es ist auch kein Problem mehr, es gibt ja Wordle. Dabei handelt es sich um ein 2021 veröffentlichtes Online-Game, dessen Ziel es ist, ein Wort aus fünf Buchstaben in höchstens sechs Versuchen herauszufinden. Wichtig: Man spielt nicht gegen die Ehefrau (oder sonst jemanden). Sondern für sich. Genau genommen ist es ein Rätsel. Eines, das jeden Tag im Browser neu gelöst werden kann – zurzeit erst noch kostenlos.
Fast so viele Vorgehen wie Spieler
Erfunden hat Wordle der Brite Josh Wardle, sein Name war wohl ein Steilpass. Der in New York lebende Programmierer sagte einem Journalisten der New York Times, er habe sich ans Entwickeln der Software gemacht, als er während der Pandemie beobachtet hatte, wie viel Zeit seine Freundin mit dem Lösen des Times-Kreuzworträtsels zubrachte. Kürzlich hat das Unternehmen, das die NYT herausgibt, Wordle für einen «niedrigen siebenstelligen Betrag» gekauft (ich war früher ein untalentierter Programmierer, ich schätze den Zeitaufwand für die Entwicklung dafür auf unter einen Mannmonat).
Man gibt ein beliebiges Wort mit fünf Buchstaben ein. Die Maschine teilt einem darauf mit, welche Buchstaben im gesuchten Wort an derselben Stelle vorkommen (grün unterlegt) respektive an anderer Stelle (gelb) oder nicht enthalten sind (grau). In höchstens sechs Durchgängen nähert sich der Rätsellöser mittels Kombinieren und Wühlen in der Wortschatztruhe dem Lösungswort an. Das Vorgehen ist vergleichbar mit dem bei Mastermind, einem Spiel der 1970er Jahre. Mittlerweile gibt es neben dem englischen Wordle-Original auch Ausgaben auf Deutsch und in anderen Sprachen.
Empfehlenswert ist, mit einem Wort zu eröffnen, das häufig vorkommende Buchstaben enthält, also Vokale oder ein N, T et cetera. Darüber, ob man immer mit dem gleichen Wort beginnen soll – Arsen oder Stein vielleicht – oder mit einem jeweils anderen, wird im Web und auf Twitter gestritten. Es lässt sich wohl sagen, dass das immer gleiche Startwort für ein methodischeres Vorgehen steht, der Einstieg mit einem immer anderen dagegen lustiger ist.
Ein wenig traurig
In der Folge können fast so viele Vorgehen entwickelt werden, wie’s Spieler gibt. Zielführend kann es beispielsweise sein, einen Buchstaben nochmals einzusetzen, obwohl er bereits als nicht vorkommend zurückgemeldet wurde – falls dieser in einem Wort vorkommt, das mehrere andere Buchstaben enthält, die man ausprobieren möchte. Und ein weiterer Hinweis: Wer Wordle in verschiedenen Sprachen lösen möchte, tut dies mit Vorteil in verschiedenen Browsern (oder auf verschiedenen Rechnern). Dem Score, der Wertung, zuliebe.
Man wäre kein streng urteilender Journalist, wenn man der Wordle-Freude nicht wenigstens einen kleinen Dämpfer verpassen könnte: Dass selbst eine Weltklasse-News-Organisation wie die New York Times Company glaubt, wirtschaftlichen Erfolg – zehn Millionen zahlende Abonnenten weltweit – nicht dank Qualitätsjournalismus allein erreichen zu können, ist ein wenig traurig. Es braucht dafür, so sehen es die NYT-Company-Chefs, auch Kochrezepte-, Sportnachrichten- und Spieleabos. Was die Vorhersage zulässt, Wordle, zumindest das Original, dürfte nicht mehr lange gratis sein. Immerhin löst das Buchstabenrätsel beziehungstechnisch keine Spannungen aus.
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